Angst ist ein häufiges Problem, sowohl für den Menschen als auch für unsere Gesellschaft.
Wir wissen, dass Angst schädlich für unseren Körper ist, dass wir aus Angst keine guten Entscheidungen treffen können und dass wir aus Angst sogar manchmal schlimme Dinge tun. Natürlich nutzt es wenig, die Angst zu leugnen oder einfach zu sagen “Ich muss aufhören Angst zu haben”. Wie können wir also sinnvoll mit unseren Ängsten umgehen?
Zunächst braucht es die innere Bereitschaft, Ängste tatsächlich loslassen zu wollen. Denn so paradox es klingt: Manchmal klammern wir uns an unsere Ängste, an Leid und an Katastrophen. Sie ersetzen unsere Eigenverantwortung, rechtfertigen manches Tun (oder Unterlassen) und nähren unseren Schmerzkörper.
Wenn du tatsächlich bereit bist, dich von deinen Ängsten zu verabschieden, hast du dafür viele verschiedene Möglichkeiten, aus denen vermutlich eine ganz besonders gut für dich passt.
Obwohl Ängste immer individuelle Ursachen haben (und manchmal auch individuell geklärt werden müssen), gibt es drei “pauschale” Wege, die erfahrungsgemäß schon viel Erleichterung bringen können:
– Den Weg hinter die Angst (besonders für spirituelle Menschen)
– Den Weg durch die Angst (besonders für mutige Menschen)
– Den Weg mit der Angst (besonders für starke Denker und Verstandesmenschen)
1. Der Weg hinter die Angst
Hinter die Angst zu gehen bedeutet, sie aus einer höheren Perspektive zu betrachten, anstatt darin zu stecken. Das gelingt ausgezeichnet durch Mediation: Du bringst dich in die innere Stille, in dein SEIN. Dann beobachtest du dich beim SEIN. Wenn Gedanken oder Gefühle (Ängste) aufsteigen, kannst du sie beobachten ohne dass sie dich affektieren. Du kannst sie anschauen, erlauben und sie loslassen. Du bist dann der Betrachter deiner Gefühle, anstatt der Betroffene. So hast du die Angst entmachtet. Begegnet dir die Angst dann im Alltag, kannst du sofort wieder in diesen Zustand der Präsenz gehen und sie einfach “durchlaufen lassen”. So wie Muskeln regelmäßig trainiert werden müssen, damit man viel Gewicht heben kann, muss dafür auch der Geist kontinuierlich “trainiert” werden.
2. Der Weg durch die Angst
Die meisten Ängste sind lediglich alte “Schreckgespenster”, die sich in der Vergangenheit in unserem Körper und Geist eingespeichert haben. Damals waren die Ängste vielleicht sehr real: Als kleines Kind hing unser Überleben komplett vom Wohlwollen der Eltern ab. Fühlten wir uns hier (situativ) in Gefahr, war es clever Angst zu haben und Strategien zu entwickeln, um uns Liebe, Schutz und Anerkennung von den Eltern zu “erkämpfen”.
Wenn wir als Erwachsene jedoch grundlos Panik (Todesängste) erleben, nur weil z.B. ein Plan nicht funktioniert, sich die Umstände ändern, sich Situationen nicht kontrollieren lassen oder ein Mensch nicht so auf uns reagiert, wie wir das gerne hätten, ist dies ein Zeichen für Handlungsbedarf. Denn Angst ist nur in akut lebensbedrohlichen Situationen hilfreich für uns, damit wir uns schützen. In allen anderen Situationen ist innere Freiheit, Ruhe und Zuversicht wesentlich besser für uns, um gute Entscheidungen zu treffen oder grandiose Pläne für unser Leben zu schmieden.
Durch die Angst zu gehen bedeutet, den Gefühlen direkt “ins Gesicht zu sehen”, damit wir die Illusionen erkennen und die Ängste ihren Schrecken verlieren. Ein Beispiel:
Stell dir vor du bist nachts ganz alleine, in einem uralten Haus mitten im Wald. Draußen hörst du plötzlich ganz furchtbare Geräusche und bekommst Angst. Sofort beginnt dein Verstand, das unangenehme Gefühl in Bilder und Szenarien zu projizieren: Du stellst dir alles Mögliche vor, was das da draussen sein kann. Du überlegst dir Strategien um dich zu verteidigen, um dich zu schützen. Bei jeder Strategie erkennst du aber sofort wieder Lücken und Gründe, warum sie schief gehen können… Das Durchdenken der Situation und Entwickeln von Schutzmassnahmen wird dir kaum die Angst nehmen, weil du ja nie sicher weißt, was los ist.
Die einzige Möglichkeit, die dir wirklich innere Ruhe und Sicherheit geben kann ist also, rauszugehen und nach zu schauen, was da eigentlich los ist. Dieser Schritt erfordert enormen Mut… Schon mit dem Nachschauen, ist die Angst aber bereits überwunden.
Bei inneren Ängsten bedeutet das “Nachschauen”, das unangenehme Gefühl ganz und gar wahrzunehmen und zu erlauben. Wenn du das ursprüngliche, tiefe, schmerzhafte Gefühl einmal komplett zulässt, dich ihm ganz hingibst und du dich für einen Moment komplett davon übermannen lässt, auch wenn dein Körper schweißgebadet ist und zittert, dann ist es das, was mit “Nachschauen” gemeint ist. Sobald du mit Haut und Haar in diesem Gefühl steckst, ist die einzige Aufgabe zu beobachten: Was kommt dann? Was passiert wirklich?
Nichts. Leere. Damit hast du das Gefühl entmachtet, es hat seinen Schrecken verloren.
Auch für den Weg durch die Angst gilt: Jedesmal, wenn dir das Gefühl im Alltag wieder begegnet, erkennst du sofort die Illusion und lässt dich nicht mehr davon beherrschen. Du bist frei. So kannst du mit innerer Zuversicht und Stabilität auf die Situationen reagieren und sie, ganz aktiv und klar, zum Besten des Ganzen gestalten.
3. Der Weg mit der Angst
Bist du ein starker Denker oder hast du vor ganz konkreten, greifbaren Dingen Angst? Dann kann es hilfreich sein, dich mit dem worst case Szenario anzufreunden, um anschließend ganz frei auf das best case Szenario zugehen zu können. Das bedeutet zunächst, den allerschlimmsten Fall bis ganz zu Ende durchzudenken.
Wichtig sind dabei zwei Dinge:
1. Hör nicht zwischendurch auf. Denke das Szenario wirklich bis ganz zu Ende!!
2. Verstrick dich nicht in Gefühlen. Für diese Methode solltest du ganz sachlich und möglichst objektiv bleiben!
Ein Beispiel:
– Ich habe Angst im nächsten halben Jahr keinen Umsatz zu machen. Was passiert dann schlimmstenfalls?
– Ich muss mein Geschäft zumachen. Was passiert dann schlimmstenfalls?
– Ich muss mir einen Job suchen. Was passiert dann schlimmstenfalls?
– Ich finde keinen Job. Was passiert dann schlimmstenfalls?
– Ich muss von Sozialhilfe leben oder mich “aushalten lassen”. Was passiert dann schlimmstenfalls?
– Ich verliere meine Luxusgüter. Was passiert dann schlimmstenfalls?
– Ich verliere meinen gesellschaftlichen Status. Was passiert dann schlimmstenfalls?
– Oberflächliche Freunde entfernen sich von mir. Was passiert dann schlimmstenfalls?
(Hier fällt mir keine Antwort mehr ein, außer “eigentlich gar nichts”.)
In den seltensten Fällen steht am Ende solch einer Auflistung wirklich der Tod. Es geht immer irgendwie weiter und selbst der “allerschlimmste Fall” ist lediglich unangenehm für das Ego. Kein Grund, um sich von der Angst davor beherrschen zu lassen! Indem du dem worst case ins Auge schaust, kannst du dich damit befrieden und den Gedanken loslassen. Denn wenn du deine Auflistung noch einmal anschaust, erkennst du sofort, dass in diesen “Gedankenkonstrukten” keinerlei Intervention oder intelligente Handlung berücksichtigt ist. In jedem Punkt erkennst du Handlungs- und Gestaltungsspielraum. Mit all deinen Fähigkeiten und Ressourcen kannst du dein Leben jederzeit selbst steuern.
Du kannst die Angst vor dem worst case szenario also getrost loslassen und dich mutig daran machen, das best case Szenario anzusteuern! Du kannst dabei genauso vorgehen wie oben. Stell dir das Beste vor, was jetzt passieren kann und frag dich dann immer: “Was passiert dann bestenfalls?”. Überleg dir anschließend, was du jetzt sofort tun kannst, um diese Schritte Wirklichkeit werden zu lassen
(Foto: Pixabay)